An anthology of German literature - Part 54
Library

Part 54

Verfolgung, muh und leid ist allein das banier, Darunder durch die welt sich gottes kinder schlagen; Und der hochst general hat acht, wie man sie fuhr, Und wie ein jeder sich begehr fur ihn zu wagen.

Oftmal erlaubet er, da.s.s ihr feind triumfier, Doch la.s.set er sein volk ganzlich niemal verzagen; Sondern damit sein feind nicht gar zu vil stolzier, Verkehret machtig er sein jauchzen bald in klagen.

Darum ihr, deren will, des teufels willen gleich, Und deren l.u.s.t allein ist, gottes volk zu schaden, Wie euer zorn, grim, wut, sein wort, sein volk, das reich, Mit schmach, mit qual, mit schand, verbrant, verbaut, beladen: Also in euerm blut zu steter schand soll euch Noch zwingen mein marggrav Georg Friderich zu Baden.

[Notes: 2: Georg Friedrich, Margrave of Baden, was a partisan of the Calvinistic Friedrich V, Elector Palatine, who was chosen King of Bohemia in 1619, and is known as the "Winter King." As the sonnet shows, the defeated Protestants set high hopes on the Margrave of Baden, who commanded an army of 20,000 men; but he was soon defeated by the imperial forces and died in exile (1638).]

+L. MARTIN OPITZ+

A Silesian scholar (1597-1639) who won great renown as a poet and a literary lawgiver. In a pioneer treatise on poetics (1624, in which year his _Teutsche Poemata_ also appeared), he came to the defense of the German language, pleaded for a purer diction, and defined the princ.i.p.al _genres_ current abroad, ill.u.s.trating them with verses of his own. His theory recognized but two feet, the iamb and the trochee, which he defined in terms of accent. He prescribed a more regular alternation of accented and unaccented syllables and recommended the use of the alexandrine verse. Under his influence German poetry became more regular and artistic, but lost touch with the general life, being more and more regarded as a refined diversion of the scholar cla.s.s. The text of selections 1-4 follows Braune's _Neudrucke_, No. 1 and Nos. 189-192; for No. 5 see t.i.ttmann's edition in _Deutsche Dichter des 17. Jahrhunderts_.

1

_From the 'Buch von der deutschen Poeterey.'_

Wiewol ich mir von der Deutschen Poeterey, auff ersuchung vornemer Leute, vnd dann zue besserer fortpflantzung[1] vnserer sprachen, etwas auff zue setzen vorgenommen, bin ich doch solcher gedancken keines weges, das ich vermeine, man konne iemanden durch gewisse regeln vnd gesetze zu einem Poeten machen....

Die worte vnd Syllaben in gewisse gesetze zue dringen, vnd verse zue schreiben ist das allerwenigste was in einem Poeten zue suchen ist. Er muss e?fa?tas??t?? [Greek: euphantasiotos],[2] von sinnreichen einfallen vnd erfindungen sein, muss ein grosses vnverzagtes gemute haben, muss hohe sachen bey sich erdencken konnen, soll anders[3] seine rede eine art kriegen, vnd von der erden empor steigen. Ferner so schaden auch dem gueten nahmen der Poeten nicht wenig die jenigen, welche mit jhrem vngestumen ersuchen auff alles was sie thun vnd vorhaben verse fodern.

Es wird kein buch, keine hochzeit, kein begrabnuss ohn vns gemacht; vnd gleichsam als niemand kondte alleine sterben, gehen vnsere gedichte zuegleich mit jhnen vnter. Mann wil vns auff allen Schusseln vnd kannen haben, wir stehen an wanden vnd steinen,[4] vnd wann einer ein Hauss ich weiss nicht wie an sich gebracht hat, so sollen wir es mit vnsern Versen wieder redlich machen. Dieser begehret ein Lied auff eines andern Weib, jenem hat von des nachbaren Magdt getrewrnet, einen andern hat die vermeinte Bulschafft ein mal freundtlich angelacht, oder, wie dieser Leute gebrauch ist, viel mehr aussgelacht; ja des narrischen ansuchens ist kein ende. Mussen wir also entweder durch abschlagen jhre feindschafft erwarten, oder durch willfahren den wurden der Poesie einen mercklichen abbruch thun. Denn ein Poete kan nicht schreiben wenn er will, sondern wenn er kann, vnd jhn die regung des Geistes, welchen Ovidius vnnd andere vom Himmel her zue kommen vermeinen, treibet....

Vnd muss ich nur bey hiesiger gelegenheit ohne schew dieses errinnern, das ich es fur eine verlorene arbeit halte, im fall sich jemand an vnsere deutsche Poeterey machen wolte, der, nebenst dem das er ein Poete von natur sein muss, in den griechischen vnd Lateinischen buchern nicht wol durchtrieben ist, vnd von jhnen den rechten grieff erlernet hat; das auch alle die lehren, welche sonsten zue der Poesie erfodert werden, vnd ich jetzund kurzlich beruhren wil, bey jhm nichts verfangen konnen....

Nachmals ist auch ein jeder verss entweder ein _iambicus_ oder _trochaicus_; nicht zwar das wir auff art der griechen vnnd lateiner eine gewisse grosse der sylben konnen inn acht nemen; sondern das wir aus den accenten vnnd dem thone erkennen, welche sylbe hoch vnnd welche niedrig gesetzt werden soll. Ein Jambus ist dieser: _Erhalt vns Herr bey deinem Wort_; der folgende ein Trocheus: _Mitten wir im leben sind_.

Dann in dem ersten verse die erste sylbe niedrig, die andere hoch, die dritte niedrig, die vierde hoch, vnd so fortan; in dem anderen verse die erste sylbe hoch, die andere niedrig, die dritte hoch, u.s.w.

aussgesprochen werden. Wiewol nun meines wissens noch niemand, ich auch vor der zeit selber nicht, dieses genawe in acht genommen, scheinet es doch so hoch von nothen zue sein, als hoch von nothen ist, das die Lateiner nach den _quant.i.tatibus_ oder grossen der sylben jhre verse richten vnd reguliren.

[Notes: 1: _Fortpflantzung_ = _Verbesserung_.

2: ??fa?tas??t?? [Greek: Euphantasiotos], 'very fanciful'; see Quintilian vi. 2, 30.

3: _Anders_, 'anywise.'

4: _Steinen_ = _Tursteinen_.]

+2+

+Ode.+[5]

Ich empfinde fast ein grawen, Das ich, Plato, fur vnd fur Bin gesessen vber dir; Es ist zeit hienauss zue schawen, Vnd sich bey den frischen quellen 5 In dem grunen zue ergehen, Wo die schonen Blumen stehen, Vnd die Fischer netze stellen.

Worzue dienet das studieren, Als zue lauter vngemach? 10 Vnter dessen laufft die Bach Vnsers lebens das wir fuhren, Ehe wir es innen werden, Auff jhr letztes ende hin; Dann kompt ohne geist vnd sinn 15 Dieses alles in die erden.

Hola, Junger, geh' vnd frage Wo der beste trunck mag sein; Nim den Krug, vnd fulle Wein.

Alles trawren leidt vnd klage, 20 Wie wir Menschen taglich haben, Eh vns Clotho fortgerafft, Wil ich in den sussen safft Den die traube giebt vergraben.

Kauffe gleichfalls auch Melonen,[6] 25 Vnd vergiss des Zuckers nicht; Schawe nur das nichts gebricht.

Jener mag der h.e.l.ler schonen, Der bey seinem Gold vnd Schatzen Tolle sich zue krencken pflegt 30 Vnd nicht satt zue bette legt; Ich wil weil ich kan mich letzen.

Bitte meine guete Bruder Auff[7] die music vnd ein gla.s.s; Nichts schickt, dunckt mich, nicht sich ba.s.s 35 Als guet tranck vad guete Lieder.

La.s.s ich gleich nicht viel zue erben, Ey, so hab' ich edlen Wein; Wil mit andern l.u.s.tig sein, Muss ich gleich alleine sterben. 40

[Notes: 5: From the _Poeterey_, Ch. 5, where it is offered in elucidation of lyric poetry. It is a free rendering of Ronsard, II, 18.

6: _Melonen_; the point is: Do not mind the expense. The muskmelon (_cuc.u.mis melo_) came from Italy and Southern France, and (with sugar!) was a luxury.

7: _Auff_, with _bitten_, in the sense of 'invite to.']

+3+

+Chansonnette.+

Mit Liebes Brunst behafftet sein, Ist warlich eine schwere Pein; Es ist kein Schmerz auff dieser Erdt, Der recht mit jhm verglichen werdt: Drumb will ich mich gantz embsiglich 5 Von dem Leyden allzeit scheiden, Vnd die susse Gifft vermeiden.

Auff da.s.s nun nicht die schnode Brunst Mich la.s.se zu ihr tragen Gunst, Soll Venus mich nicht treffen an 10 Auff jergendt einer Liebes Bahn; Der Tugendt Weg ist ein schon Steg, Darauff eben ich will schweben, Vnd jhr gantz verpflichtet leben.

Recht vnd gar wol auch Pallas blieb 15 Allzeit befreyet von der Lieb, Sie gab dem Fewer niemals raum, Vnd hielte sich in statem Zaum, Auff gruner Heyd sie allezeit Mit dem Hetzen sich thet letzen 20 Vnd frey aller Sorg ergetzen.

Ich will ins kunfftig fleissig auch Nachfolgen dieser Gottin Brauch, Denn Venus ist die groste Last, Cupido ist ein schadlich Gast. 25 Wen er einmal nur bringt zu fall, Muss verderben, offt auch sterben, Vnd fur Frewden schmertz ererben.

Also belohnt er alle doch, Die sich ergeben seinem Joch; 30 Vnd diss bedenck ich offt vnd viel, Es mag lieb haben wer da will, Ich bleibe meine Zeit allein.

Offt nach schertzen kommen schmertzen, Wohl dem der das thut beherzen. 35

+4+

+Sonnet an die Bienen.+

Ihr Honigvogelein, die jhr von den Violen Und Rosen abgemeit den wundersussen Safft, Die jhr dem grunen Klee entzogen seine Krafft, Die jhr das schone Feldt so offt vnd viel bestohlen, Ihr Feldteinwohnerin, was wollet jhr doch holen Das, so euch noch zur Zeit hat wenig nutz geschafft, Weil jhr mit Dienstbarkeit dess Menschen seit behafft, Vnd jhnen mehrentheils das Honig musset Zollen?

Kompt, kompt zu meinem Lieb, auff jhren Rosenmundt, Der mir mein kranckes Herz gantz inniglich verwundt, Da sollt jhr Himmelspeiss vnd vberflussig brechen.

Wann aber jemandt ja sich vnderstehen kundt Ihr vbel anzuthun, dem sollet jhr zur stundt Fur Honig Galle sein, vnd jhn zu tode stechen.

5

_The horrors of the Thirty Years' War: From the 'Trostgedichte in Widerwertigkeit des Krieges.'_

Wie manche schone Stadt, Die sonst das ganze Land durch Pracht gezieret hat, Ist jetzund Asch und Staub! Die Mauren sind verheeret, Die Kirchen hingelegt, die Hauser umgekehret.

Wie wann ein starker Fluss, der unversehens komt, 5 Die frische Saate sturzt, die acker mit sich nimt, Die Walder niederreisst, lauft ausser seinen Wegen, So hat man auch den Plitz und schwefelichte Regen Durch der Geschutze Schlund mit grimmiger Gewalt, Da.s.s alles Land umher erzittert und erschallt, 10 Gesehen mit der Luft hin in die Stadte fliegen.

Des Rauches Wolken sind den Wolken gleich gestiegen, Der Feuer-Flocken See hat alles uberdeckt Und auch den wilden Feind im Lager selbst erschreckt.

Das harte Pflaster hat gegluhet und gehitzet, 15 Die Thurme selbst gew.a.n.kt, das Erz darauf geschwitzet; Viel Menschen, die der Schar der Kugeln sind entrant, Sind mitten in die Glut gerathen und verbrant, Sind durch den Dampf erstickt, verfallen durch die Wande Was ubrig blieben ist, ist kommen in die Hande 20 Der argsten Wutherei, so, seit die Welt erbaut Von Gott gestanden ist, die Sonne hat geschaut.

Der Alten graues Haar, der jungen Leute Weinen, Das Klagen, Ach und Weh der Grossen und der Kleinen, Das Schreien in gemein von Reich und Arm gefuhrt, 25 Hat diese Bestien im minsten nicht geruhrt.

Hier half kein Adel nicht, hier ward kein Stand geachtet, Sie musten alle fort, sie wurden hingeschlachtet, Wie wann ein grimmer Wolf, der in den Schafstall reisst, Ohn allen Unterschied die Lammer niederbeisst. 30 Der Mann hat mussen sehn sein Ehebette schwachen, Der Tochter Ehrenblut' in seinen Augen brechen, Und sie, wann die Begier nicht weiter ist entbrant, Unmenschlich untergehn durch ihres Schanders Hand.

+LI. PAUL FLEMING+

1609-1640. Fleming was a gifted lyric poet of the Opitzian era. A Saxon by birth, he studied medicine at Leipzig, where he learned to admire Opitz. Five years of his short life were spent in connection with an emba.s.sy of the Duke of Holstein to Russia and Persia. His best work is found in the poems, more especially the sonnets, which he wrote during this long absence from the fatherland. The selections follow t.i.ttmann's edition in _Deutsche Dichter des 17. Jahrhunderts_.