The Life of Friedrich Schiller - Part 29
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Part 29

[Ill.u.s.tration]

[Ill.u.s.tration]

Thomas Carlyle

Leben Schillers,

aus dem Englischen;

eingeleitet

durch

Goethe.

Frankfurt am Main, 1830.

Verlag von Heinrich Wilmans.

Der hochansehnlichen

Gesellschaft

fur auslandische

schone Literatur,

zu

Berlin.

Als gegen Ende des vergangenen Jahres ich die angenehme Nachricht erhielt, da.s.s eine mir freundlich bekannte Gesellschaft, welche bisher ihre Aufmerksamkeit inlandischer Literatur gewidmet hatte, nunmehr dieselbe auf die auslandische zu wenden gedenke, konnte ich in meiner damaligen Lage nicht ausfuhrlich und grundlich genug darlegen, wie sehr ich ein Unternehmen, bey welchen man auch meiner auf das geneigteste gedacht hatte, zu schatzen wisse.

Selbst mit gegenwartigem offentlichen Ausdruck meines dankbaren Antheils geschieht nur fragmentarisch was ich im bessern Zusammenhang zu uberliefern gewunscht hatte. Ich will aber auch das wie es mir vorliegt nicht zuruckweisen, indem ich meinen Hauptzweck dadurch zu erreichen hoffe, da.s.s ich namlich meine Freunde mit einem Manne in Beruhrung bringe, welchen ich unter diejenigen zahle, die in spateren Jahren sich an mich thatig angeschlossen, mich durch eine mitschreitende Theilnahme zum Handeln und Wirken aufgemuntert, und durch ein edles, reines wohlgerichtetes Bestreben wieder selbst verjungt, mich, der ich sie heranzog, mit sich fortgezogen haben. Es ist der Verfa.s.ser des hier ubersetzten Werkes, Herr #Thomas Carlyle#, ein Schotte, von dessen Thatigkeit und Vorzugen, so wie von dessen naheren Zustanden nachstehende Blatter ein Mehreres eroffnen werden.

Wie ich denselben und meine Berliner Freunde zu kennen glaube, so wird zwischen ihnen und ihm eine frohe wirksame Verbindung sich einleiten und beide Theile werden, wie ich hoffen darf, in einer Reihe von Jahren sich dieses Vermachtnisses und seines fruchtbaren Erfolges zusammen erfreuen, so da.s.s ich ein fortdauerndes Andenken, um welches ich hier schliesslich bitten mochte, schon als dauernd gegonnt, mit anmuthigen Empfindungen voraus geniessen kann.

in treuer Anhanglichkeit und Theilnahme.

Weimar April 1830.

#J. W. v. Goethe.#

Es ist schon einige Zeit von einer allgemeinen Weltliteratur die Rede und zwar nicht mit Unrecht: denn die sammtlichen Nationen, in den furchterlichsten Kriegen durcheinander geschuttelt, sodann wieder auf sich selbst einzeln zuruckgefuhrt, hatten zu bemerken, da.s.s sie manches Fremde gewahr worden, in sich aufgenommen, bisher unbekannte geistige Bedurfnisse hie und da empfunden. Daraus entstand das Gefuhl nachbarlicher Verhaltnisse, und anstatt da.s.s man sich bisher zugeschlossen hatte, kam der Geist nach und nach zu dem Verlangen, auch in den mehr oder weniger freyen geistigen Handelsverkehr mit aufgenommen zu werden.

Diese Bewegung wahrt zwar erst eine kurze Weile, aber doch immer lang genug, um schon einige Betrachtungen daruber anzustellen, und aus ihr bald moglichst, wie man es im Waarenhandel ja auch thun muss, Vortheil und Genuss zu gewinnen.

Gegenwartiges, zum Andenken #Schillers#, geschriebene Werk kann, ubersetzt, fur uns kaum etwas Neues bringen; der Verfa.s.ser nahm seine Kenntnisse aus Schriften, die uns langst bekannt sind, so wie denn auch uberhaupt die hier verhandelten Angelegenheiten bey uns ofters durchgesprochen und durchgefochten worden.

Was aber den Verehrern #Schillers#, und also einem jeden Deutschen, wie man kuhnlich sagen darf, hochst erfreulich seyn muss, ist: unmittelbar zu erfahren, wie ein zartfuhlender, strebsamer, einsichtiger Mann uber dem Meere, in seinen besten Jahren, durch #Schillers# Productionen beruhrt, bewegt, erregt und nun zum weitern Studium der deutschen Literatur angetrieben worden.

Mir wenigstens war es ruhrend, zu sehen, wie dieser, rein und ruhig denkende Fremde, selbst in jenen ersten, oft harten, fast rohen Productionen unsres verewigten Freundes, immer den edlen, wohldenkenden, wohlwollenden Mann gewahr ward und sich ein Ideal des vortrefflichsten Sterblichen an ihm auferbauen konnte.

Ich halte deshalb dafur da.s.s dieses Werk, als von einem Jungling geschrieben, der deutschen Jugend zu empfehlen seyn mochte: denn wenn ein munteres Lebensalter einen Wunsch haben darf und soll, so ist es der: in allem Geleisteten das Lobliche, Gute, Bildsame, Hochstrebende, genug das Ideelle, und selbst in dem nicht Musterhaften, das allgemeine Musterbild der Menschheit zu erblicken.

Ferner kann uns dieses Werk von Bedeutung seyn, wenn wir ernstlich betrachten: wie ein fremder Mann die #Schillerischen# Werke, denen wir so mannigfaltige Kultur verdanken, auch als Quelle der seinigen schatzt, verehrt und dies, ohne irgend eine Absicht, rein und ruhig zu erkennen giebt.

Eine Bemerkung mochte sodann hier wohl am Platze seyn: da.s.s sogar dasjenige, was unter uns beynahe ausgewirkt hat, nun, gerade in dem Augenblicke welcher auswarts der deutschen Literatur gunstig ist, abermals seine kraftige Wirkung beginne und dadurch zeige, wie es auf einer gewissen Stufe der Literatur immer nutzlich und wirksam seyn werde.

So sind z. B. #Herders# Ideen bey uns dergestalt in die Kenntnisse der ganzen Ma.s.se ubergegangen, da.s.s nur wenige, die sie lesen, dadurch erst belehrt werden, weil sie, durch hundertfache Ableitungen, von demjenigen was damals von grosser Bedeutung war, in anderem Zusammenhange schon vollig unterrichtet worden. Dieses Werk ist vor kurzem ins Franzosische ubersetzt; wohl in keiner andern Ueberzeugung als da.s.s tausend gebildete Menschen in Frankreich sich immer noch an diesen Ideen zu erbauen haben.

In Bezug auf das dem gegenwartigen Bande vorgesetzte Bild sey folgendes gemeldet: Unser Freund, als wir mit ihm in Verhaltniss traten, war damals in Edinburgh wohnhaft, wo er in der Stille lebend, sich im besten Sinne auszubilden suchte, und, wir durfen es ohne Ruhmredigkeit sagen, in der deutschen Literatur hiezu die meiste Forderniss fand.

Spater, um sich selbst und seinen redlichen literarischen Studien unabhangig zu leben, begab er sich, etwa zehen deutsche Meilen sudlicher, ein eignes Besitzthum zu bewohnen und zu benutzen, in die Grafschaft Dumfries. Hier, in einer gebirgigen Gegend, in welcher der Fluss Nithe dem nahen Meere zustromt, ohnfern der Stadt Dumfries, an einer Stelle welche Craigenputtock genannt wird, schlug er mit einer schonen und hochst gebildeten Lebensgefahrtin seine landlich einfache Wohnung auf, wovon treue Nachbildungen eigentlich die Veranla.s.sung zu gegenwartigem Vorworte gegeben haben.

Gebildete Geister, zartfuhlende Gem.u.t.h.e.r, welche nach fernem Guten sich bestreben, in die Ferne Gutes zu wirken geneigt sind, erwehren sich kaum des Wunsches, von geehrten, geliebten, weitabgesonderten Personen das Portrait, sodann die Abbildung ihrer Wohnung, so wie der nachsten Zustande, sich vor Augen gebracht zu sehen.

Wie oft wiederholt man noch heutiges Tags die Abbildung von Petrarch's Aufenthalt in Vaucluse, Ta.s.so's Wohnung in Sorent! Und ist nicht immer die Bieler Insel, der Schutzort Rousseau's, ein seinen Verehrern nie genugsam dargestelltes Local?

In eben diesem Sinne hab' ich mir die Umgebungen meiner entfernten Freunde im Bilde zu verschaffen gesucht, und ich war um so mehr auf die Wohnung Hrn. #Thomas Carlyle# begierig, als er seinen Aufenthalt in einer fast rauhen Gebirgsgegend unter dem 55ten Grade gewahlt hatte.

Ich glaube durch solch eine treue Nachbildung der neulich eingesendeten Originalzeichnungen gegenwartiges Buch zu zieren und dem jetzigen gefuhlvollen Leser, vielleicht noch mehr dem kunftigen, einen freundlichen Gefallen zu erweisen und dadurch, so wie durch eingeschaltete Auszuge aus den Briefen des werthen Mannes, das Interesse an einer edlen allgemeinen Lander- und Weltannaherung zu vermehren.

#Thomas Carlyle# an #Goethe#.

Craigenputtock den 25. Septbr. 1828.

"Sie forschen mit so warmer Neigung nach unserem gegenwartigen Aufenthalt und Beschaftigung, da.s.s ich einige Worte hieruber sagen muss, da noch Raum dazu ubrig bleibt. Dumfries ist eine artige Stadt, mit etwa 15000 Einwohnern und als Mittelpunct des Handels und der Gerichtsbarkeit anzusehen eines bedeutenden Districkts in dem schottischen Geschaftskreis. Unser Wohnort ist nicht darin, sondern 15 Meilen (zwei Stunden zu reiten) nordwestlich davon entfernt, zwischen den Granitgebirgen und dem schwarzen Moorgefilde, welche sich westwarts durch Gallovay meist bis an die irische See ziehen. In dieser Wuste von Heide und Felsen stellt unser Besitzthum eine grune Oase vor, einen Raum von geackertem, theilweise umzaumten und geschmuckten Boden, wo Korn reift und Baume Schatten gewahren, obgleich ringsumher von Seemoven und hartwolligen Schaafen umgeben.

Hier, mit nicht geringer Anstrengung, haben wir fur uns eine reine, dauerhafte Wohnung erbaut und eingerichtet; hier wohnen wir in Ermangelung einer Lehr- oder andern offentlichen Stelle, um uns der Literatur zu befleissigen, nach eigenen Kraften uns damit zu beschaftigen. Wir wunschen da.s.s unsre Rosen und Gartenbusche frohlich heranwachsen, hoffen Gesundheit und eine friedliche Gemuthsstimmung, um uns zu fordern. Die Rosen sind freylich zum Theil noch zu pflanzen, aber sie bluhen doch schon in Hoffnung.