An anthology of German literature - Part 77
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Part 77

O Lieb', o Liebe, So golden schon.

Wie Morgenwolken 15 Auf jenen Hohn!

Du segnest herrlich Das frische Feld, Im Blutendampfe Die volle Welt. 20

O Madchen, Madchen, Wie lieb' ich dich!

Wie blickt dein Auge!

Wie liebst du mich!

So liebt die Lerche 25 Gesang und Luft, Und Morgenblumen Den Himmelsduft,

Wie ich dich liebe Mit warmem Blut, 30 Die du mir Jugend Und Freud' und Mut

Zu neuen Liedern Und Tanzen gibst.

Sei ewig glucklich, 35 Wie du mich liebst!

+2+

+Willkommen und Abschied.+

Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde!

Es war getan fast eh gedacht; Der Abend wiegte schon die Erde, Und an den Bergen hing die Nacht.

Schon stand im Nebelkleid die Eiche, 5 Ein aufgeturmter Riese, da, Wo Finsternis aus dem Gestrauche Mit hundert schwarzen Augen sah.

Der Mond von einem Wolkenhugel Sah klaglich aus dem Duft hervor, 10 Die Winde schw.a.n.gen leise Flugel, Umsausten schauerlich mein Ohr.

Die Nacht schuf tausend Ungeheuer; Doch frisch und frohlich war mein Mut: In meinen Adern welches Feuer! 15 In meinem Herzen welche Glut!

Dich sah ich, und die milde Freude Floss von dem sussen Blick auf mich; Ganz war mein Herz an deiner Seite, Und jeder Atemzug fur dich. 20 Ein rosenfarbnes Fruhlingswetter Umgab das liebliche Gesicht, Und Zartlichkeit fur mich--ihr Gotter!

Ich hofft' es, ich verdient' es nicht!

Doch ach, schon mit der Morgensonne 25 Verengt der Abschied mir das Herz: In deinen Kussen welche Wonne!

In deinem Auge welcher Schmerz!

Ich ging, du standst und sahst zur Erden, Und sahst mir nach mit na.s.sem Blick: 30 Und doch, welch Gluck geliebt zu werden!

Und lieben, Gotter, welch ein Gluck!

+3+

+Neue Liebe neues Leben.+

Herz, mein Herz, was soll das geben?

Was bedranget dich so sehr?

Welch ein fremdes neues Leben!

Ich erkenne dich nicht mehr.

Weg ist alles, was du liebtest, 5 Weg warum du dich betrubtest, Weg dein Fleiss und deine Ruh-- Ach, wie kamst du nur dazu!

Fesselt dich die Jugendblute, Diese liebliche Gestalt, 10 Dieser Blick voll Treu' und Gute Mit unendlicher Gewalt?

Will ich rasch mich ihr entziehen, Mich ermannen, ihr entfliehen, Fuhret mich im Augenblick, 15 Ach, mein Weg zu ihr zuruck.

Und, an diesem Zauberfadchen, Das sich nicht zerreissen la.s.st, Halt das liebe lose Madchen Mich so wider Willen fest; 20 Muss in ihrem Zauberkreise Leben nun auf ihre Weise.

Die Verandrung ach wie gross!

Liebe! Liebe! la.s.s mich los!

+4+

+Rastlose Liebe.+

Dem Schnee, dem Regen, Dem Wind entgegen, Im Dampf der Klufte, Durch Nebeldufte, Immer zu! Immer zu! 5 Ohne Rast und Ruh!

Lieber durch Leiden Mocht' ich mich schlagen, Als so viel Freuden Des Lebens ertragen. 10 Alle das Neigen Von Herzen zu Herzen, Ach, wie so eigen Schaffet das Schmerzen!

Wie soll ich fliehen? 15 Walderwarts ziehen?

Alles vergebens!

Krone des Lebens!

Gluck ohne Ruh, Liebe, bist du! 20

+5+

+Meeres Stille.+

Tiefe Stille herrscht im Wa.s.ser, Ohne Regung ruht das Meer, Und bek.u.mmert sieht der Schifer Glatte Flache rings umher.

Keine Luft von keiner Seite!

Todesstille furchterlich!

In der ungeheuern Weite Reget keine Welle sich.

+6+

+Gluckliche Fahrt.+

Die Nebel zerreissen, Der Himmel ist h.e.l.le, Und aolus loset Das angstliche Band.

Es sauseln die Winde, Es ruhrt sich der Schiffer.

Geschwinde! Geschwinde!

Es teilt sich die Welle, Es naht sich die Ferne; Schon seh' ich das Land!

+7+

+Wandrers Nachtlieder.+

Der du von dem Himmel bist, Alles Leid und Schmerzen stillest, Den, der doppelt elend ist, Doppelt mit Erquickung fullest, Ach ich bin des Treibens mude!

Was soll all der Schmerz und l.u.s.t?

Susser Friede, Komm, ach komm in meine Brust!

uber allen Gipfeln Ist Ruh, In allen Wipfeln Spurest du Kaum einen Hauch: Die Vogelein schweigen im Walde.

Warte nur, balde Ruhest du auch.