An anthology of German literature - Part 5
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Part 5

Ein wahrer Gottes Born, Die heissen Fieber loschte er.

Krankheit floh von ihm, Den Siechen hiess er aufstehn. 230 Mit seinem Bette fortgehn.

Er war Mensch und Gott; Also suss ist sein Gebot.

Er lehrt' uns Demut und Sitte, Treue und Wahrheit dazu, 235 Da.s.s wir uns treu benahmen, Unsre Not ihm klagten; Das lehrt' uns der Gottessohn Mit Worten und mit Werken.

Mit uns wandelte er 240 Dreiunddreissig Jahr Undeinhalb, unsrer Not wegen.

Sehr gross ist seine Gewalt.

Seine Worte waren uns das Leben; Fur uns starb er seitdem, 245 Er ward nach eignem Willen An das Kreuz gehangen.

Da hielten seine Hande Die harten Nagelbande, Galle und Essig war sein Trank; 250 Also erlost' uns der Heiland.

Von seiner Seite floss das Blut, Von dem wir alle geheiligt.

Zwischen zwei Verbrechern Hingen sie den Sohn Gottes. 255 Von Holz[1] entstand der Tod, Von Holz fiel er, gottlob!

Der Teufel schnappte nach dem Fleisch, Die Angel[2] war die Gottheit; Nun ist es wohl ergangen, 260 Daran ward er gefangen.

[Notes: 1: The tree of knowledge in the Garden of Eden.

2: Christ's body is conceived as the 'bait,' his divinity as the 'hook,' by which the devil is caught.]

+XII. HEINRICH VON MELK+

An Austrian n.o.bleman of the 12th century who, after bitter experience of the world's ways, retired to the monastery of Melk (a few miles west of Vienna), where he spent his closing years as lay brother. In his _Erinnerung an den Tod_, a satirical poem of 1042 short lines in riming (a.s.sonating) couplets, he inveighs against the worldly follies of the knights, and in his _Priesterleben_ against the vices of the clergy.

The poems date from about 1160.

_From the 'Remembrance of Death,' lines 663-748: The rich youth at the grave of his father._

Reicher und edler Jungling, Gewahre deine angstliche Lage Und geh zu deines Vaters Grab; 665 Nimm den Deckstein davon ab Und schaue seine Gebeine, Seufze und weine.

Du magst wohl sagen, wenn du willst,-- Es kostet deiner Herrlichkeit nicht viel:-- 670 "Lieber Vater und Herr, Nun sage mir, was dich plagt.

Ich sehe dein Gebein verfaulen, Das hat die Erde ganz zersetzt; Es kriechet boser Wurmer voll. 675 Diese stinkende Hohle Erzeigt meinem Sinne Einen furchtbaren Geruch darinne.

Auch ist mir schwer zu Mute, Da du einst so schon warst, 680 Da.s.s du so schnell verdorben.

Das ist eine jammerliche Ordnung: Was einst bluhte wie die Lilie, Das wird wie ein Kleid, das der Meltau Benagt und zerfrisst. 685 Der ist unselig, der es vergisst."

So hattest du wohl reden konnen, Wenn der Jammer dich bewegt hatte Aus Liebe zu deinem Vater.

Nun gedenke des Sinnes, 690 Wie er dir antworten wurde, Wenn es naturgema.s.s ware, Oder wenn Gott es erlaubte.

Ich will die Rede nicht lang machen; Ich spreche fur ihn und mit ihm, 695 Vernimm du es mit Aufmerksamkeit: "Ich will dir das, lieber Sohn, Wonach du fragtest, kund tun.

Meine Sachen stehen in Unordnung; Von der Strafe Grimmigkeit, 700 Die ich taglich erleiden muss, Kann ich mich nicht loswinden.

Ich habe Feuer und Finsternis Zur Rechten und zur Linken, Oben und auch unten. 705 Fande jemand meine Not beschrieben, Er hatte immer davon zu reden.

Das, lieber Sohn, habe ich zu beklagen, Doch was bedarfst du langer Rede?

Die Ketten der Rache Gottes 710 Halten mich fest gebunden; Ich habe herben Lohn gefunden Fur alles, was ich beging Und leider ungebusst liess.

Alles Ma.s.s hatte ich vergessen 715 Im Trinken und im Essen, Jetzt werde ich bezwungen Von Durst und von Hunger.

Ehemals brannte mein Fleisch Im Schweisse der Liederlichkeit; 720 Nun brennt mich der Fluch Gottes In dem Feuer, das keiner loschen kann.

Ich leide Schmerz und Ungemach; Weh, da.s.s ich diese Welt je gesehen!

Begehrlichkeit und Hoffahrt, 725 Die beiden haben mir verschlossen Die Tore der inneren Holle; Da sind die schwarzen Pechwellen Mit den heissen Feuerflammen.

Ich h.o.r.e da Zahneknirschen, 730 Weinen und Jammern, Sehr klagliches Rufen Derer, die keine Hoffnung haben, Da.s.s sie jemals erlost werden Aus dem Abgrunde. 735 Ach, da.s.s ich je so handelte, Da.s.s ich ihr Genoss werden musste!

Gern mochte ich es ewig bussen, Wurde die Wohltat mir zu Teil, Da.s.s ich den Teufel nicht ansahe 740 Und sein Antlitz vermiede; Wie sollte mich das erfreuen!

Jetzt mach' ich meine Klage zu spat; Doch rat' ich dir, mein lieber Sohn, Da.s.s du an mir ein Beispiel nehmest 745 Und der Welt nicht so nachhangest, Da.s.s du meine Not vergessest; Sonst muss es dir wie mir ergehen."

+XIII. THE ARNSTEIN HYMN TO THE VIRGIN+

A _Marienleich_ dating from the end of the 12th century, during which the type was much cultivated. The ma.n.u.script, from the convent of St. Mary at Arnstein on the Lahn, contains 325 short lines in couplets (beginning and end missing), of which lines 78-261 are given below.

Hatt' ich tausend Munde, Ich konnte nie berichten In vollem Ma.s.s das Wunder, 80 Das von dir geschrieben ist.

Alle Zungen vermogen nicht Zu sagen noch zu singen, Fraue, deiner Ehren Noch deines Lobes volles Ma.s.s. 85 Der ganze Himmelshof Singet dein Lob: Es preisen dich die Cherubim, Es ehren dich die Seraphim.

All das grosse Heer 90 Der heiligen Engel, Die vor Gottes Antlitz Stehen seit dem Anfang, Propheten und Apostel Und alle Gottes Heilige 95 Freun sich immer dein, Konigliche Jungfrau.

Wohl mussen sie dich ehren: Du bist die Mutter ihres Herrn, Der da Himmel und Erde 100 Im Anfang werden hiess; Der mit einem Worte Die ganze Welt erschuf, Dem alles ist untertan, Dem nichts kann widerstehn, 105 Dem alle Kraft weichet, Dem nichts gleichet, Den ehret und furchtet All diese Welt.

Es ware mir lang zu sagen, 110 Wie hehr du bist im Himmel: Niemand hat davon Kunde Als die Seligen, die da sind.

Des einen bin ich von dir gewiss: Da.s.s, Fraue, du so geehret bist 115 Wegen deiner grossen Gute, Wegen deiner Demut Wegen deiner Reinheit, Wegen deiner grossen Milde.

Deshalb ruf' ich dich an; 120 Fraue, nun erh.o.r.e mich; Allerheiligstes Weib, Vernimm mich sundiges Weib!

All mein Herze Fleht zu dir ernstlich, 125 Mir gnadig zu sein, Bei deinem Sohne zu helfen, Da.s.s er in seiner Gute Meine Missetaten Vergesse ganzlich 130 Und mir gnadig sei.

Leider, meine Schwachheit Hat mich oft verleitet, Da.s.s ich durch meine Schuld Verwirkte seine Huld. 135 Fraue, das macht mir bange; Deswegen furchte ich, Da.s.s er seine Gnade Von mir kehren werde.

Deshalb fleh' ich zu dir. 140 Nun muss es an dir liegen, Mir, Jungfrau milde, Zu seiner Huld zu helfen.

Hilf mir zu wahrer Reue, Da.s.s ich meine Sunden 145 Moge beweinen Mit innigen Tranen.

Hilf mir kraftiglich, Da.s.s ich die Hollenstrafe Nimmer erleide; 150 Da.s.s ich auch vermeide Hinfort alle Dinge, Die wider Gottes Huld sind.

Und geruhe mich zu starken In allen guten Werken, 155 Da.s.s ich verbringe mein Leben Wie die heiligen Weiber, Die uns aller Tugenden Ein Vorbild gegeben: Sara, die demutige, 160 Anna, die geduldige, Esther, die milde, Judith, die verstandige, Und die andern Frauen, Die in der Furcht Gottes 165 Sich hier so betrugen, Da.s.s sie Gott wohl behagten.

Auch ich nach deiner Gute, Nach deiner Demut, Mochte mein Leben gestalten: 170 Dazu hilf mir, heiliges Weib!

In deine Hand begebe ich Mich und all mein Leben.

Dir uberla.s.s' ich all meine Not, Da.s.s du hilfsbereit seiest, 175 In was fur Drangsalen Ich dich immer anrufe.

Fraue, deinen Handen Sei mein Ende befohlen!

Und geruhe mich zu weisen 180 Und mich zu erlosen Aus der grossen Not, Wenn der leide Tod An mir soll scheiden Den Leib von der Seele. 185 In jener grossen Angst Komm du mir zum Troste!

Und hilf, da.s.s meine Seele Werde zu Teile Des lieben Gottes Engeln, 190 Nicht den leiden Teufeln; Da.s.s sie mich dahin bringen, Wo ich soll finden Die ewige Freude, Die im Himmel haben 195 Die hochseligen Gotteskinder, Die dazu erwahlt sind; Da.s.s ich dort schaue Unsern lieben Herrn, Unsern Schopfer, 200 Unsern Heiland, Der uns aus nichts erschuf, Der uns auch kaufte Mit seines Sohnes Blut Von dem ewigen Tode. 205 Wer soll mir dazu helfen, Wer soll mich so lautern, Da.s.s ich es wurdig ware?

Das sollst du, Jesus, mein Herr.

Gib mir, Herr, deinen Geist, 210 Da du selbst wohl weisst All meine Krankheit Und all meine Unwissenheit; Auf da.s.s ich schauen durfe Mit meinen Augen 215 Dein unverloschlich Licht: Das versage du mir nicht!

Es ist das ewige Leben, Das ich, armes Weib, Mit deiner Hilfe suche: 220 Das la.s.s mich, Herre, finden!

Darum sei mein Bote zu dir Deine eigne Mutter: O, wie selig bin ich dann, Nimmt sie sich meiner an! 225 Maria, Gottes Traute, Maria, Trost der Armen, Maria, stella maris, Zuflucht des Sunders, Burg des Himmels, 230 Born des Paradieses!

Der uns die Gnad' entfloss, Die uns Elenden erschloss Das rechte Vaterland; Nun gib uns, Fraue, deine Hand, 235 Weise uns den Ausweg Aus jener grossen Tiefe: Das ist des Teufels Gewalt.

Darein uns hat gebracht Eva, unsere Mutter; 240 Jetzt fliehen wir alle zu dir.

Wir weinen und seufzen Zu deinen lieben Fussen.

La.s.s dich nun erbarmen Der Not, die wir Armen 245 In diesem engen Tale Mannigfach erdulden!

Stella maris, bist du genannt Nach dem Stern, der an das Land Das mude Schiff geleitet, 250 Wo es die Ruh' erwartet.

Geleite uns an Jesum, Deinen guten Sohn, Der uns begnaden soll.

In ihm sollen wir ruhen, 255 Er soll uns erlosen Von allen unsern Noten, Von allen schweren Sunden: Das sind des Meeres Wellen, Die uns nun, ach, umschwellen. 260 Nun hilf uns, heilige Jungfrau!

+XIV. LAMPRECHT'S LAY OF ALEXANDER+

A free translation, made about 1130 by a priest living in the Middle Rhine country, of a French poem by Alberic de Besancon. It consists of 7302 verses in short couplets. Except 105 verses at the beginning the French original is lost. It was itself a versification of a highly fabulous old saga current in Latin prose. As the 105 French verses correspond to 192 verses in the German, it is evident that Lamprecht did not follow Alberic slavishly and that he drew in part upon some other source, perhaps the Latin original. The selections below are from a letter which Alexander writes, toward the end of his career, to his mother Olympias and his teacher Aristotle. In this letter he recounts at length (1670 verses) the wonderful things that he has seen.

_Lines 4928-5037: Alexander's army beset by terrible beasts._

Nachdem ich Darius besiegt Und das ganze Land Persien Und auch das beruhmte Indien 4930 Mir untertan gemacht, Hob ich mich bald von dannen Mit meinen lieben Mannen Nach Caspen Porten.[1]

Leid und Furcht wahnte ich 4935 Nicht mehr zu erdulden.

Wir kamen zu einem Wa.s.ser, Da liess ich mein Heer ausruhen; Wir dachten den Durst zu stillen.